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DWS CIO View vom 18.05.2022

Zu früh für Entwarnung

Trotz hoher Marktverluste seit Jahresanfang sind neue Tiefstände nicht auszuschließen. Auf 12-Monatssicht sind wir jedoch optimistisch. Im Kernszenario.

 "Die marktbeherrschende Sorge ist, dass der Konjunktur just dann einknicken könnte, wenn die Zentralbanken die Wirtschaft nicht mehr stimulieren können, da sie eine hartnäckige Inflation bekämpfen müssen. Eine restriktivere Geldpolitik an Stelle des Fed-Puts also. "

Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer und Leiter der Investment Division

 „Augen zu und durch“ wäre wohl die kürzeste Zusammenfassung unseres jüngsten strategischen Ausblicks, da wir damit rechnen, dass es noch schlimmer werden könnte, bevor es an den Märkten wieder aufwärts geht. Das liegt an den zahlreichen Herausforderungen, die vor uns liegen und von denen wir hoffen, dass sie nicht alle langfristiger Natur (zumindest nicht in der jetzigen Ausprägung) sind: Lieferengpässe, Chinas Covid-Probleme, Inflation, abschwächendes Wachstum, eine restriktivere Geldpolitik, Marktvolatilität und der Krieg in der Ukraine. Aus Anlegersicht lautet die Hauptsorge: Die Zentralbanken fangen just dann an, der grassierende Inflation mit Zinserhöhungen zu begegnen, wenn die Wolken am Konjunkturhimmel schon wieder dunkler werden. So denken wir, dass die Wahrscheinlichkeit eines Rezessionsbeginns in den USA in den kommenden 18 Monaten bei etwa 40 Prozent liegt. Doch Inflationsraten im hohen einstelligen Bereich verhindern, dass der Markt auf seinen zuverlässigsten Retter der vergangenen 35 Jahre hoffen darf: den sogenannten Fed-Put. Also die Bereitschaft der US-Zentralbank, bei Konjunktur- oder Finanzmarktproblemen mit monetärer Lockerung helfend einzuspringen.

Nun kann man einwenden, dass den Anlegern dies bereits seit einigen Monaten bekannt ist (wie auch die anderen oben genannten Schwierigkeiten), was sich unter anderem darin zeigt, dass Aktien, Anleihen und Kryptowährungen zusammen seit Jahresanfang über 30 Billionen1 Dollar eingebüßt haben. Doch ein fehlender Fed-Put im jetzigen Umfeld von kräftigem Wirtschaftswachstum, Rekordbeschäftigung und steigenden Unternehmensgewinnen ist natürlich etwas anderes, als wenn es konjunkturell wirklich mal bergab geht. Dieser Stresstest steht erst noch aus. Wie überhaupt noch einige Stresstests über die kommenden Monate ausstehen. Was passiert, wenn nachhaltig weniger Energie aus Russland geliefert wird? Was, wenn China weiterhin alles dem Kampf gegen Covid-Ausbrüche unterordnet? Was, wenn die Inflation zwar im Rahmen unserer Erwartungen im zweiten Quartal ihren Höhepunkt überschreiten wird, sich anschließend jedoch auf Niveaus nahe fünf und nicht nahe drei Prozent stabilisiert? Und was, wenn, wieder entgegen unserer Annahmen, sich die Kriegshandlungen auf Nato-Gebiet ausweiten?

Viele offene Fragen. Es gibt aber auch Entwicklungen, bei denen man unserer Meinung nach heute schon absehen kann, dass sie in der zweiten Jahreshälfte für noch stärkeren Gegenwind sorgen werden: Margendruck bei den Firmen, schlechtere Finanzierungskonditionen, auslaufende Corona-Konjunkturpakete (v.a. in den USA, weniger in Europa) und realer Kaufkraftverlust. Wir rechnen daher zunächst mit andauernd hoher Volatilität insbesondere an den Aktienmärkten, Druck auf Unternehmensanleihen und Gegenwind für die Schwellenländer.

Sollte sich gegen Jahresende jedoch abzeichnen, dass die genannten Risiken nicht eskalieren und der Fed tatsächlich eine sanfte Landung der Wirtschaft auf der zugegebenermaßen schmalen Landebahn zugetraut wird, dann sehen wir auf 12-Monatssicht positives Renditepotenzial für die Mehrzahl der Anlageklassen. Basis dafür wären Wachstumsraten von 2,9 (2,4) Prozent für die USA, 2,8 (2,2) Prozent für die Eurozone und 4,5 (4,8) Prozent für China für 2022 (2023). Die Inflation sollte sich in den USA von 4,7 dieses auf 2,9 Prozent im kommenden Jahr abschwächen; in der Eurozone entsprechend von 8,0 auf 3,3 Prozent. Dafür müssen die Notenbanken aber das ihre dazu tun und ordentlich an der Zinsschraube drehen. Von der Fed erwarten wir, dass sie die Zinsen kontinuierlich bis auf 3,25-3,5 Prozent in den kommenden zwölf Monaten erhöht, während die EZB bis dahin auf einen Refinanzierungssatz von einem Prozent kommen sollte. Anders als die Fed wird sie jedoch ihre Bilanzsumme in dieser Zeit noch nicht zurückfahren.

Da unser Basisszenario von keiner Rezession ausgeht, rechnen wir in den USA mit einer leichten Versteilung der Zinskurve, insgesamt aber keinen großen Renditeschritte mehr (10-Jahre bei 3,25 Prozent), während wir für Deutschland mit einer weiteren Verflachung der Zinskurve rechnen (10-jährige Bundrendite 1,00 Prozent per Juni 2023 prognostiziert). Unternehmensanleihen könnte zunächst eine weitere Ausweitung der Risikoprämien blühen, doch auf zwölf Monate sehen wir positives Renditepotenzial. Ebenso wie für ausgesuchte Schwellenländeranleihen, da der Gegenwind von höheren US-Renditen und einem stärkeren Dollar bis dahin abgeebbt sein sollte. So sehen wir den Dollar gegenüber dem Euro in zwölf Monaten bei 1,10.

Für Aktien wird es in diesem Umfeld also vorerst schwierig bleiben. Zwar lief das erste Quartal zumeist noch erstaunlich robust, und halten sich auch die Gewinnschätzung noch sehr gut. Doch wir befürchten, dass es hier noch zu Herunterstufungen im Laufe des Jahres kommen könnte. Schwerer wiegen für Aktien jedoch die Entwicklungen auf der Anleiheseite. In den USA sind die Renditen inflationsbereinigter zehnjähriger Treasuries (TIPS) von minus 1,1 Prozent auf plus 0,2 Prozent gestiegen. Das belastet Aktien aus zwei Gründen: Zum einen werden die künftigen Gewinne mit einem höheren Zins diskontiert, was vor allem Wachstumsunternehmen zusetzt. Zum anderen sind Aktien nun nicht mehr „alternativlos“, es dürfte also zu Umschichtungen von Aktien in Renten kommen. Zugute kommt den Aktien allerdings, dass sie im Gegensatz zu Anleihen einen gewissen Inflationsschutz bieten. Die Bewertungsmultiplikatoren für Aktien sind bereits deutlich gegenüber ihren jüngsten Höchstständen gesunken. Hier könnten wir uns eine Erholung vorstellen, sobald sich die Volatilität im Aktiensegment wieder verringert.

Das steigende Zinsumfeld hinterlässt auch in einigen alternativen Anlagesegmenten seine Spuren, wenn auch nicht so deutlich wie an den Aktien- und Rentenmärkten. Wir würden derzeit Infrastrukturprojekte gegenüber Immobilien vorziehen, da die Zahlungsströme hier längerfristig und zumeist mit Inflationsschutz festgelegt sind. Gold erfährt zwar etwas Gegenwind durch steigende Realzinsen. Doch das könnte unseres Erachtens durch die geopolitische Risikoprämie, die Inflationssorgen und den Turbulenzen der Kryptowährungen weiterhin überkompensiert werden. Und zuletzt rechnen wir bei Öl bis auf weiteres mit einem strukturellen Unterangebot, was den Preis für Brent um die 110 Dollar je Fass pendeln lassen sollte.

Wirtschaftsabschwächung bei gleichzeitig weiterhin hohen Inflationsraten, die auch die Handlungsfreiheit der Zentralbanken einschränken sind also das durchaus herausfordernde Umfeld für Anleger dieser Tage. Doch wir denken, dass wenn Rezessionen in Europa und den USA vermieden werden könnten, der Ausblick in zwölf Monaten sich deutlich gebessert haben sollte. 
 

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Alternative Anlagen sind mit diversen Risiken behaftet, nicht unbedingt für jeden Anleger geeignet und für jedes Portfolio verfügbar.

Fußnote

1 Gemessen am Verlust der Marktkapitalisierungen der entsprechenden Indizes vom Jahresanfang bis zum 12. Mai. Aktien: MSCI AC World (16,5 Billionen Dollar Verlust), Quelle: Bloomberg; Anleihen: Prozentualer Verlust des Bloomberg Global Aggregate Index angewendet auf weiter gefasste Anleiheuniversum gemäß der Bank for International Settlements (3Q21),(Verlust: 15 Billionen Dollar); Kryptos: Marktwert aller ausstehenden fast 20.000 „Währungen“, Quelle: coinmarketcap.com (Verlust: 900 Milliarden Dollar).